The Malik

Übersetzt und betrachtet von Piper, so wie und so weit sie es schafft.
Malerei

Liebe Klasse,

ich hoffe, es geht euch allen gut!

Für die Wochen, die wir ja nun in Isolation verbringen müssen, wäre mein Vorschlag, uns auf zwei Briefromane von Else Lasker-Schüler zu konzentrieren, „Mein Herz“ und „Der Malik“. Das Hauptinteresse liegt hierbei auf Selbstreflexion innerhalb der eigenen Arbeit, wie das unmittelbare und weitere soziale Umfeld bedacht werden kann und wie wir uns darin selbst fiktionalisieren oder stilisieren könnten.

Es gibt eine eher dürftige Übersetzung von „Mein Herz“ ins Englische, aber keine für „Der Malik“. Die Idee wäre also, dass wir das Buch selbst übersetzen, einfach um es allen in der Klasse zugänglich zu machen: Wenn jede*r von uns an einem oder zwei der 55 Briefe arbeitet, haben wir das (halbe) Buch schon geschafft – und: damit nebenbei eine allererste englische Übersetzung überhaupt erstellt! Es könnte sogar ziemlich interessant sein, wenn sich auch die Nichtmuttersprachler*innen in diese poetische und seltsame Sprache vertiefen, ohne unmittelbaren Zugang zu haben.

Ich muss hinzufügen, dass insbesondere das Malik-Buch generell schon schwer zu entschlüsseln ist – es ist durchsetzt von einer sehr lyrischen, dann wieder gewöhnlichen Sprache, erfundenen Wörtern, unzähligen Alter Egos, jeder Menge biblischer und künstlerischer Referenzen und anderweitiger Eigensprachlichkeit. Wie eine Art Klatschgeschichte, doch zuhöchst stilisiert, die alles ihr Mögliche anstellt, um uns in ihre eigene Welt aus Wörtern und Bedeutungen zu verstricken. Dennoch denke ich, dass es sehr spannend wäre, uns eine Form der Übertragung von all dem in unsere eigenen Realitäten vorzustellen – eben genau den Tisch, um den wir während unserer Klassenbesprechungen normalerweise sitzen, die abgeschlossenen Zirkel der heutigen Kunstszenen, die Imagination und Projektion einer Öffentlichkeit …

Das bringt mich dazu, dass Übersetzung an sich tatsächlich viel breiter gedacht werden kann: als Adaption, Aneignung, mit Kommentar versehen, eigenen Worten, übersetzt in unsere Zeit, ihre Verfasstheit, mit ihren Einschränkungen. Am Ende könnte unsere Übersetzung unangemessen sein, so wie die existierende von „Mein Herz“, aber eben nicht so tot, wie diese für mich klingt, sondern hoffentlich schräg und unzuverlässig und auf gewagte Art falsch.

Damit verlasse ich euch fürs Erste,

Ihr seid mein und ich bin der eure?

Ja und nein.

Abteilung Malerei, Institut für Bildende Kunst

Marei Buhmann, O.T., 2020

Vanessa Schmidt, Jussufs Mutter, 2020

Ani Gurashvili, O.T., 2020