Wir entwickelten unser Jahresthema für das Studienjahr 2020/21 ausgehend vom Werk Du Contrat Social (Vom Gesellschaftsvertrag). Jean-Jacques Rousseau begründete darin 1762 die Entwicklung der modernen Demokratie mit der Argumentation, dass alle Macht auf das Gemeinwohl des Volkes abzielen müsse und keinesfalls auf das Gottgnadentum, und legte ein Schlüsselwerk der Aufklärung vor.
Über 250 Jahre später nehmen wir von diesem Werk ausgehend unsere Überlegungen auf. Die Regeln, mit denen wir unsere gegenwärtige Welt organisieren, sind explizit in Verträgen oder implizit in gesellschaftlichen Übereinkünften formuliert. Als Verträge gelten schriftliche und mündliche Abmachungen, aber auch Verkehrsvorschriften, sämtliche Protokolle der IT, bis hin zu komplexen ethischen und politischen Vereinbarungen. Implizite Übereinkommen wiederum organisieren unser Zusammenleben – wie Formen von Beziehungen, der Liebe oder Verhaltensregeln in Freundschaften oder Familien.
Die Übereinkünfte sind von kulturellen Codes geprägt und kontinuierlichen gesellschaftspolitischen Verhandlungsprozessen unterworfen. Gemeinwohl, ein vielgenutzter Begriff des aufkommenden Bürgertums im 19. Jahrhundert, ist im 21. Jahrhundert weitgehend dem Begriff der Philanthropie gewichen und ein Faktor in der gegenwärtigen politischen Gewaltenteilung.
CDS ermächtigt Studierende durch die Vermittlung präziser Inhalte und Methoden in den Fächergruppen Artistic Strategies, Wissenschaft und Technologie und Politik und Ökonomie. Im kooperativen Lehrformat Cross-Disciplinary Capabilities verknüpfen die Studierenden ihr Wissen, experimentieren, analysieren und formulieren neue Verträge. Die Studierenden wenden die Inhalte theoretisch und praktisch in cross-disziplinären Jahresprojekten an.
Beim Angewandte Festival zeigen CDS-Studierende Auszüge aus den Jahresprojekten sowie The Rousseau Fan(atic)zine, eine kollektive Installation und Publikation, die zum Jahresthema entwickelt wurde.
Eine festliche Tafel nimmt den Raum ein. Auf der Tafel ist alles, was eine Grande Fête braucht. Der Raum ist dem Zusammensein gewidmet, dem Teilen, dem Berühren, dem Fühlen einer Vielfalt. Er ist der Recherche gewidmet, dem Material das wir gesammelt haben. Er ist gefüllt mit unseren Ideen, Wünschen, Träumen, Witzen. Wir erinnern uns an unsere Lieblingsgedichte und rezitieren Lieblings-Songtexte. Das Fan(atic)zine ist ein Vorschlag für eine crossdisziplinäre Praxis und eine gemeinsame Sprache.